2. Dezember 2013

Erster Advent 2013

Für mich ein besonderer Tag. Wir hatten mit Freunden bis halb drei in der Nacht unsere (nahtlos zusammenpassenden) Geburtstage gefeiert, ich hatte dann noch versucht, möglichst viel aufzuräumen, kurz geschlafen, und hatte so am Vormittag gute Zeit für die späte Messe, um halb elf. Tochter Carla war bei Freunden, »der Rest« schlief noch. In die Messe gehe ich eigentlich gerne.
   Trotz des gestrengen Evangeliums (Mt 24,29-44, »ein langer und schwieriger Text« meint das katholische Bibelwerk) kam unser lieber Pfarrer auf den Glauben zu sprechen und nur auf den Glauben. Das Evangelium hatte er, meine ich, gehörig gekürzt. Diese gruselige Bibelstelle sagt uns eh nichts mehr, und schon gar nicht Anfang Advent.

Senfbaum
   Er lobte den »kleinen« Glauben, dieses fragende »Vielleicht« im Glauben. Erst müsse man Fragen stellen, nicht immer nur vorschnell antworten. Er ging aus vom Senfkorn-Gleichnis: »Wie ein Senfkorn, das, wenn es auf die Erde gesät wird, kleiner ist als alle Arten von Samen, die auf der Erde sind; und wenn es gesät ist, geht es auf und wird größer als alle Kräuter, und es treibt große Zweige, so dass unter seinem Schatten die Vögel des Himmels nisten können.« (Mk 4,30-32). Ein schönes Bild.
   Ich selbst hadere schon lange nicht mehr mit dem Glauben. Was man im Glaubensbekenntnis nach dem »Ich glaube an … « alles aufzählt, über die Jahrhunderte Dazuformuliertes, das hört sich eh nicht an wie ein Naturgesetz. Von den Naturgesetzen glauben wir, dass sie selbst unerreichbar (und damit unverifizierbar) weit weg im Weltall gelten, auf Möchtegernplaneten, dass dort Wasser gefriert wie bei uns. Meinen Glauben sehe ich lockerer. Wenn ich seelisch loslasse – und gerade eben nicht möglichst scharfe Logik einsetze – dann fällt mir das nicht schwer. Christi Fleisch und Blut. Ja doch! Zumal solche Wunder nicht offensichtlich passieren, jedenfalls nicht mir. Geheimnis des Glaubens. Mich freut, wenn die Sonne aufgeht, aber ob der liebe Gott das extra für mich gemacht hat, zur gefälligen Gemütsaufhellung, bleibt Ansichtssache, auch bei mir.
   »Denn wahrlich ich sage euch: So ihr Glauben habt wie ein Senfkorn, so mögt ihr sagen zu diesem Berge: ›Hebe dich von hinnen dorthin!‹, so wird er sich heben; und euch wird nichts unmöglich sein.« (Mt 17,20, auch Mt 21,21). Der Glaube kann Berge versetzen. Warum aber tut er's nicht? Auch das sehe ich gelassen: Weil Glaube kein Zirkus ist, keine Zauberkünstlerei. Nichts gegen Jesus, der seine Jünger mit Wundern hatte überzeugen wollen. Seither aber sagt der, der wirklich glaubt, nicht eben mal zum Berg: »Rück’ beiseite! Lass mich hier durch mit meiner ICE-Strecke.« Der lässt die Bagger anrücken. Glaube ist »eine andere Ebene«.
   Wie fest dieser lockere, kleine Glaube ist, ich weiß es nicht. Das würde sich wohl erst im Fall einer ernsten Herausforderung zeigen. Die ist bei vielen schon auf der Lohnsteuerkarte überschritten. Natürlich mögen sie sagen: Glaube ja, Kirche nein. Ich find’s trotzdem schofel. Das aber ist eine andere Geschichte.

Schwarzer Senf
Eine Fußnote. Zum Latein in der Messe wurde im Januar 2013 Pater Roberto Spataro SDB hier interviewt*). »Pater Spataro ist erster Sekretär der im November 2012 von Papst Benedikt XVI. errichteten Päpstlichen Akademie für die lateinische Sprache.« Auf die Frage:
   »Entspricht die fast völlige Aufgabe des Lateins in der Liturgie nach der vom Diener Gottes Paul VI. durchgeführten Reform des Missale Romanum wirklich dem, was die Konzilsväter mit Sacrosanctum Concilium wollten?« antwortet Spataro: »Das Missale Romanum von Paul VI. ist in lateinischer Sprache gehalten. Vor allem aber muss daran erinnert werden, dass die Konzilskonstitution Sacrosanctum Concilium [1963] den Gebrauch der lateinischen Sprache in der Liturgie ausdrücklich vorschreibt, wenn sie auch eine vernünftige und nutzbringende Einfügung der Volkssprachen in einigen Teilen vorsieht. Es scheint offensichtlich, dass die Liturgiereform, die auf das Konzil folgte, nicht die Konzilsvorgaben respektiert.«
   Ich fühle mich persönlich von der Kirche um meine lateinische Messe betrogen, aus der ich noch heute Teile im Kopf mitbete, meist allerdings deutsch: "In Wahrheit ist es recht, billig und heilsam, dir immer ...". Nicht das Latein des Priesters oder die Responsorien, die Regelmäßigkeit, die weltweite Universalität habe ich geschätzt.
   Eigentlich war ich zu Beginn dieses Kirchenjahres gespannt auf die »neue Messe« gewesen, zumal mir das wiederholt von Rom und von Benedikt gewünschte, korrekte alte pro multis versprochen worden war. Aber den deutschen Bischöfen gelingt es doch immer, Fortschritt hintanzuhalten. Angeblich liegt’s an einem Fehldruck des Messbuchs, der die neue Messe verzögert.

*) Hier im Wortlaut: L'abbandono pressoché totale del latino, anche nella Liturgia, in seguito alla riforma del Messale Romano operata dal Venerabile Paolo VI, ha davvero incarnato gli auspici espressi dai Padri Conciliari nella Sacrosanctum Concilium? – Il Messale Romano di Paolo VI è in lingua latina. Soprattutto, però, occorre ricordare che la costituzione conciliare Sacrosanctum Concilium prescriveva l’uso della lingua latina nella liturgia, pur prevedendo un ragionevole e proficuo inserimento delle lingue nazionali in alcune parti. Appare evidente a molti che la riforma liturgica, seguita alla celebrazione del Concilio, non ha rispettato il dettato conciliare.
   
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