29. September 2013

Der arme Lazarus und die 68er

Was, Sie glauben noch an die Hölle?
   Fromme Frau in unserer Gemeinde, die zur Religion zurückgefunden hat.

Hitler zurück – in Berlin, bei Mme Tussauds
Man muss sich den Himmel vorstellen wie bei Madame Tussauds, nur ein bissl voller und lebendiger. Weil ja inzwischen alle in den Himmel kommen.
   Dazu ein polemischer Blick auf die Geschichte von Madame Tussauds: »1940. Eine deutsche Bombe zerstört den Kinosaal. Ironischerweise gehört Hitlers Figur zu den wenigen, die unversehrt bleiben.«
   Was mich an einen jüdischen Witz erinnert, den mein seliger Großvater gerne erzählte, als dergleichen noch nicht politisch so inkorrekt war.
   Nach einer unruhigen Nacht im Schlafwagen unterhalten sich ein Priester und ein Rabbi am Gang. Klagt der Priester, er habe so schlecht geträumt, von einem jüdischen Himmel voller Leute, voller Lärm, Gerenne, Geratter; schlafen war unmöglich. Darauf preist der Rabbi seinen guten Schlaf samt Traum vom katholischen Himmel: überirdisch schön, Frühling, Blumen, Plätschern von Bächlein und Harfenmusik – nur eben: kein Mensch!
   Doch im Ernst.
   An diesem Wochenende droht in der katholischen Messe die Lesung: »Weh den Sorglosen auf dem Zion und den Selbstsicheren auf dem Berg von Samaria ... Das Fest der Faulenzer ist nun vorbei.« (Am 6), und das Evangelium bringt Jesu’ Gleichnis vom reichen Mann und armen Lazarus (Lk 16, 19–31): »Als nun der Arme starb, wurde er von den Engeln in Abrahams Schoß getragen. Auch der Reiche starb und wurde begraben. In der Unterwelt, wo er qualvolle Schmerzen litt ...« (Quelle)
   Himmel und Hölle sind aus diesem Gleichnis, das Jesu selbst erzählt hat, nun einmal nicht wegzudenken. Da war ich neugierig, wie Prof. Menke das auslegen würde. Nach einem Rückblick auf altjüdische Auffassungen kam er zum Schluss, dass inzwischen Jesus nach seinem Kreuzestod die Hölle besucht hat, was ihr den Schrecken genommen hat. Wenn Jesus wieder herauskommen konnte, so muss das mit Gottes Hilfe jedem möglich sein; die gnädige Hand Gottes reicht bis hinunter. Der unüberwindliche Graben, der Himmel und Hölle trennt, ist aufgehoben, aufgefüllt mit Gottes Liebe. (Im Gleichnis: »Außerdem ist zwischen uns und euch ein tiefer, unüberwindlicher Abgrund, sodass niemand von hier zu euch oder von dort zu uns kommen kann, selbst wenn er wollte.« Lk 16, 26)
   Unser lieber Pfarrer Blanke, der seit langer Zeit wieder zelebrierte, überlegte in der Predigt, ob wir uns wohl im reichen Mann oder in Lazarus wiederfinden, und plädierte dafür, den Graben sozialer Ungleichheit zu überbrücken. (Ich war dafür extra noch einmal kurz in die Sonntagsmesse gegangen.)
   So geht’s auch.

Von meiner Osterbeichte 1956 in Marquartstein
Weil ich – vor dem Konzil 1962–65 – katholisch erzogen bin (und nicht leicht belehrbar), glaube ich noch an Himmel und Hölle. Hier ein Bild aus »unserer« damaligen Pfarrkirche. Meine Angst vor der Hölle ist unter heutiger, postkonziliarer 68er-Sicht gewiss nur eine Psychose, für die mich die Kirche eigentlich entschädigen müsste.
   Doch ich will Farbe bekennen, meine Himmel und Hölle: Ich glaube daran, nehme Gottes Gericht erst am Jüngsten Tag oft als Mahnung zur Besonnenheit im Urteil. Allerdings meine ich nicht, dass sich Gott die Auswahlkriterien vorschreiben lässt, noch, dass wir sie kennen (dann wäre ein Urteil hier und jetzt schon möglich). Wie bei den Arbeitern im Weinberg unterliegt Gottes Liebe, die Gnade, nicht den Abmachungen zwischen den Sozialpartnern. Geheimnis des Glaubens. 
   Früher hielt sich die Kirche noch für eine moralische Anstalt, heute wäre das politisch inkorrekt. (Nur der Islam verlangt noch was von seinen Gläubigen.) Bei uns ist der demokratisch legitimirte Staat alleiniger oberster Herr geworden über das, was sich gehört, und sei’s das Stehlen von Bankdaten. Zum Menschenrecht und damit moralisch »recht« wird etwas, wenn dem die Russen im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen zustimmen. Oh Gott!

Hier noch ein paar Fundstellen aus dem Internet zum Thema Lazarus und reicher Mann 

• Vor diesem Kapitel Puzzle viele Menschen - weil sie vergessen, dass dies ein Gleichnis ist. (Quelle)

• Frag den Rabbi: Welche Vorstellungen hatten die Juden zur Zeit Jesus von der Hölle?

Ausschnitt aus der Website. Links die Reklame wechselt ohne Rücksicht auf fromme Belehrungen. 
Auch zur Zeit Jesus, vielmehr gerade zu dieser Zeit gab es aufgrund der ausländischen Unterdrückung, unter der die Juden als Individuen und als Volk litten, verbreitet Neigungen, in mystische Phantasien und Hoffnungen zu verfallen. Auch die Frühchristen, die Anhänger Jesus, hingen diesen nach. Welchen Weg diese Entwicklung unter den vom Judentum sich trennenden Christen und unter den Kirchenvätern nahm, ist von christlichen Historikern zu erforschen. – Mit freundlichen Grüßen, Ben Rabbi Nathan (Quelle)

• Wer guten Herzens ist, wird nichts zu befürchten haben. (RosaMora 05.03.2013, Quelle Gutefrage.Net)

• Wir haben einzig und allein das Evangelium nötig, „denn es ist Gottes Kraft zur Errettung für jeden, der glaubt“ (Römer 1,16). (Predigt am 6. August 2006 in der Bekennenden Evangelisch-Reformierten Gemeinde in Gießen. Quelle)

• Nach seinen [Jesu] eigenen Aussagen liegen Gläubige und Gottlose bis zum Tag der Auferstehung im Grab. Dann erst erhalten die einen ewiges Leben, während die anderen ins Gericht kommen (Joh 5,28.29; 14,2.3; Mt 25,31-46). (»Internationales Bibelstudieninstitut«. Quelle)

• »Von dannen er kommen wird, zu richten die Lebenden und die Toten«
Auszug aus dem Glaubensbekenntnis (nach der Predigt zu beten) in meinem Schott
• Wir sollen Gutes tun, aber nicht aus Furcht, sondern aus Dank für alles Empfangene und aus Liebe zu Gott und mit Freude. Wenn wir die Not des Nächsten mit dem Herzen wahrnehmen, ergibt sich das Tun fast von selbst. Dann dürfen wir hoffen, daß Gott uns am Ende alle aufnimmt. (Predigt zu Lukas 16,19-31 in der Evangelischen Kirchengemeinde Bonn-Holzlar am 1. Juni 1997, dem 1. Sonntag nach Trinitatis. Quelle)

• Müssen wir uns daher vor dem Gericht Gottes fürchten? Psalm 149 sagt: »Herrlich ist das Gericht für all seine Frommen!« Wie kann man sich darüber freuen, mehr oder weniger stark verurteilt zu werden? Gott verurteilt die Sünde, aber liebt den Sünder, der seine Sünde bereut: »Wenn das Herz uns auch verurteilt – Gott ist größer als unser Herz und er weiß alles« (1 Joh 3,20). Daher können wir uns über das Gericht freuen, weil wir von aller Sünde befreit werden – und mit uns die ganze Welt. Das Gericht ist Hoffnung für die unschuldigen Opfer und Erlösung von der Macht des Bösen, somit ein Tag der Freude. (Radio Maria Österreichs: Credo. Im Licht des Glaubens unterwegs, 2012, S.98ff. Quelle)

Quelle: Marion
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