16. November 2006

Lestofanten, alles Lestofanten! (lestofante = it. Gauner)
Bei uns grassiert Lestofantismus, von wegen »abgehängtem Prekariat«! (Wer nicht weiß, was ein Lestofant ist, darf raten. Die Lösung hab ich hier wo versteckt.) Unsere stadtbekannten Bettler, privilegierte Eckensteher ohne Gewerbeschein und ordnungsamtlich dekretierten periodischen Standortwechsel –, die bekommen in der spendenfreudigen Vorweihnachtszeit Konkurrenz von anbetend knienden Fremdländerinnen und Fremdländern, deren mitleidserheischender Blick um Längen herzzerreißender ist als der aller einheimischen Altbettler. Es schämt sich keiner mehr, zu betteln; nichts zu geben auch. Routine rennt aneinander vorbei. Unseren jungen Stammbettler am Markt, diesen professionell miesgesichtigen Säulenheiligen mit Plastikbecher, sah ich jüngst mit seiner Scheckkarte am Geldautomaten. Nur keinen Regenschirm hat er nicht, der arme. »Geduldete« dürfen nicht arbeiten, das kommt bei der aktuellen politischen Diskussion zutage, wir bezahlen sie solidargemeinschaftlich, wohl weil das anders mit den deutschen Gewerkschaften »nicht zu machen ist«. Dabei habe jeder Mensch ein Recht auf Arbeit, selbst Bleiberechtler. Und Berufsbettler (»Ich habe Hunger«) sollten sich zumindest den Regeln für fahrende Bänkelsänger unterwerfen: Gewerbeschein, gelegentlich zur nächsten Ecke weiterschleichen. Und wenn schon neue Regeln aus dem Ordnungsamt: Wie wär’s mit einem Verbot elektronischer Lautverstärkung auf öffentlichen Plätzen? Es singe, wem Stimm gegeben.
Na, und wenn ich schon einmal beim Politisieren bin. Historiker Heinrich Maetzke gedenkt heute in der NZZ der Schlacht an der Somme und bringt beängstigende Parallelen zum heutigen Bevölkerungsüberdruck im Mittleren Osten: »In den Palästinensergebieten beträgt die durchschnittliche Geburtenrate sechs Kinder pro Frau. Fast 50 Prozent der Einwohner im Gazastreifen und im Westjordanland sind unter 15 Jahre alt - Millionen Teenager ohne Arbeit, Ausbildung, Perspektive.« Über Persien: »1970 hatte das Land 30 Millionen Einwohner, heute 68 Millionen. 30 Prozent der Iraner sind unter 15 Jahre alt. Jedes Jahr strömen dort 800 000 auf einen überforderten Arbeitsmarkt.«
Doch von morgen und gestern zurück zum Heute: Carla hat keine linke Tiefhörschwäche! Bestätigt der Ohrenarzt. Dann Kindergarten, Turnen, Schwimmen, gemeinsame Spaghetti im Café Blau, zurück am Radl im »Kofferraum« (Gepäckkorb), zu Renate,
Gutenachtgeschichte, PC, Blog und aus.

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